„Vom Problemchen, das auszog, ein Problem zu werden“

Es war einmal ein Problemchen, das seinem Vater bereits eine Weile bei seiner Arbeit zugesehen hatte. Es war beeindruckt, wie der es fertigbrachte, sich jahrelang bei ein und demselben Menschen aufzuhalten. Das Problemchen wollte es ihm gleichtun und bat seinen Vater, es in die Geheimnisse seiner Arbeit einzuweihen. Dieser beschloss, ihm jetzt das Rüstzeug mit auf den Weg zugeben, um sich allein an einen Menschen heranwagen zu können.

„Mein Sohn, hör mir gut zu. Ich werde dir jetzt die Richtlinien für dein Überleben verraten. Zuerst gilt es, einen geeigneten Menschen zu finden. Du hast die besten Chancen bei denjenigen, die alles negativ sehen, viel jammern und sich selbst bemitleiden. Das Wichtigste ist, die Aufmerksamkeit eines Menschen zu gewinnen. Je intensiver dir dies gelingt, desto größer und stärker wirst du werden.

Beginne damit, dich vorsichtig in die Gedanken eines solchen Menschen einzuschleichen. Du brauchst dazu Geduld und Ausdauer. Nach einer Weile werden bei diesem Menschen heftige Gefühle auftauchen, mit denen musst du dich verbünden. Unsere verlässlichsten Partner sind Frau Angst und Herr Zorn. Diese haben wiederum eine Schar von Gehilfen hinter sich: die Resignation, die Verzweiflung und die Sinnlosigkeit.

Anschließend musst du mit den Sandsäcken arbeiten. Jeden Morgen beim Aufwachen oder in der Nacht legst du dem Menschen ein paar Kilo mehr auf sein Gemüt. Er wird verzweifelt darum kämpfen, dich loszuwerden. Genau das ist deine beste Nahrung, denn er schenkt dir deine ganze Aufmerksamkeit.

Dies sind die wichtigsten Richtlinien für dein Wachstum. Aber ich muss dich noch vor den Gefahren warnen, die dich schrumpfen lassen – und sogar zu deinem Tod führen können. Es gibt einige Menschen, deren Aura voller Licht und Energie ist. Sie sind hellwach und kreativ und genießen das Leben, sie singen, sie tanzen und lachen gern. Und das schlimmste ist, sie haben die Fähigkeit, zu lieben. Mache einen großen Bogen um diese Sorte Menschen. Bei ihnen hast du keine Chance. Man erkennt sie an einem unsichtbaren blauen Stern auf ihrer Stirn. Menschen mit diesem Stern tun ganz schreckliche Dinge mit uns. Sie betrachten uns kurz aus innerem Abstand heraus. Frau Angst und Herr Zorn werden somit nicht eingeladen. Sie setzen sich mit uns auseinander und dann übergeben sie uns an das blaue Licht. Dort lösen wir uns auf. Ein anderes Verhalten ist genauso schlimm. Manchmal leisten sie uns überhaupt keinen Widerstand und schenken uns keine Aufmerksamkeit, wo dies doch unsere wichtigsten Kraftquellen sind. Sie nehmen uns großzügig ans Herz, was unseren unmittelbaren Tod bedeutet.

Wir können bei solchen Menschen keinen Erfolg haben, denn auch unsere Gehilfen, die Resignation, die Verzweiflung und die Sinnlosigkeit flüchten, sobald sie den blauen Stern sehen. Ohne diese Verbündeten ist unsere Arbeit aussichtslos.“

von Ilovestress – giving directions – Tom Mögele20150604_115602[1]